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Schlichtungsbehörde

Mit dem Inkrafttreten der neuen Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) wurden die Friedensrichterämter der Gemeinden abgeschafft und für Schlichtungsverhandlungen eine kantonale Schlichtungsbehörde eingeführt.

Grundsatz: Dem Verfahren vor Gericht geht zwingend ein Schlichtungsversuch vor der Schlichtungsbehörde voraus.

Die Schlichtungsbehörde ist zuständig für das Schlichtungsverfahren (Art. 202 ZPO):

  • in den meisten Zivilstreitigkeiten
  • insbesondere im Arbeits- und Mietrecht sowie bei Nachbarschaftskonflikten

Das Schlichtungsverfahren entfällt unter anderem:

  • im summarischen Verfahren
  • im Scheidungsverfahren
  • bei Streitigkeiten, für die nach Art. 5 und 6 ZPO eine einzige kantonale Instanz zuständig ist

weitere Ausnahmen sind in Art. 198 ZPO aufgeführt.

Bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert von mindestens Fr. 100'000.-- können die Parteien gemeinsam auf die Durchführung des Schlichtungsverfahrens verzichten.

Bei Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen besteht die Schlichtungsbehörde aus einer vorsitzenden Person und einer paritätischen Vertretung der Vermieter- und der Mieterschaft. In Streitigkeiten aus Miete und Pacht ist die Schlichtungsbehörde auch Rechtsberatungsstelle. Anfragen werden telefonisch oder per Mail entgegengenommen. Persönliche Beratungsgespräche können nur in Ausnahmefällen und auf Voranmeldung durchgeführt werden.

Aufgaben der Schlichtungsbehörde: Die Schlichtungsbehörde versucht in formloser Verhandlung, die Parteien zu versöhnen. Können sich die Parteien nicht einigen, wird der klägerischen Partei die Klagebewilligung ausgestellt. Vermögensrechtliche Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von Fr. 2'000.- kann die Schlichtungsbehörde entscheiden, sofern die klagende Partei einen entsprechenden Antrag stellt. In einzelnen Fällen kann die Schlichtungsbehörde den Parteien auch einen Urteilsvorschlag unterbreiten.

Das Schlichtungsverfahren ist mit Ausnahme von Streitigkeiten aus dem Arbeitsrecht (bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.-) und dem Miet- und Pachtrecht kostenpflichtig.

Für Eingaben per Mail gelten die Voraussetzungen der elektronischen Zustellung (Art. 130 Abs. 2 ZPO) und des Reglementes über den elektronischen Rechtsverkehr (RER) des Obergerichts Obwalden. Die elektronischen Eingaben der Parteien müssen an die von der Bundeskanzlei veröffentlichten Zustelladressen gesendet werden. Die Bundeskanzlei veröffentlicht im Internet ein Verzeichnis der Behördenadressen und der von den Behörden anerkannten Zustellplattform.

Häufigste Fragen im Schlichtungsverfahren

Die Schlichtungsbehörde darf ausser im Mietrecht keine Rechtsauskunft erteilen.

Wie muss ich vorgehen, wenn mir jemand Geld schuldet?
Hat der Schuldner seinen Wohnsitz oder seinen Firmensitz im Kanton Obwalden, ist die Schlichtungsbehörde Obwalden dafür zuständig. Der Gläubiger als Gesuchsteller kann bei der Schlichtungsbehörde ein Schlichtungsgesuch einreichen. Dazu kann ein Formular verwendet werden, das auf der Homepage als PDF heruntergeladen werden kann. Das Schlichtungsgesuch muss in 2 Exemplaren per Post eingereicht werden. Allfällige Beweismittel wie Rechnungen, Korrespondenz etc. sind dem Schlichtungsgesuch als Kopien beizulegen.

Wie kann ich den Rechtsvorschlag beseitigen?
Falls kein sogenannter Rechtsöffnungstitel vorliegt (schriftliche, unterzeichnete "Schuldanerkennung" wie Verträge, unterschriebene Dokumente aus denen die Forderung hervorgeht, etc.) muss ebenfalls ein Schlichtungsgesuch eingereicht werden.
Falls ein Rechtsöffnungstitel vorhanden ist, kann direkt beim Kantonsgericht Obwalden unter Bezugnahme der Betreibung die Rechtsöffnung verlangt werden.

Was passiert nachdem ich ein Schlichtungsgesuch eingereicht habe?
Das Schlichtungsgesuch wird der Gegenpartei durch die Schlichtungsbehörde zugestellt und beide Parteien werden innerhalb 1 bis 2 Monaten zu einer mündlichen Verhandlung nach Sarnen vorgeladen.

Muss ich zu einer Schlichtungsverhandlung persönlich erscheinen?
Die Parteien müssen - falls er oder sie im Kanton Obwalden wohnt - zur Schlichtungsverhandlung persönlich erscheinen. Zulässig ist es eine Vertrauensperson mitzunehmen oder sich von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin begleiten zu lassen. Wohnt die Partei nicht im Kanton Obwalden ist sie von einer persönlichen Erscheinungspflicht befreit und kann sich durch eine Privatperson oder eine(n) Anwältin/Anwalt vertreten lassen.

Kann ich eine Schlichtungsverhandlung verschieben?
In der Regel können Schlichtungsverhandlungen einmal verschoben werden, falls der Termin nicht möglich ist. Dazu ist der Schlichtungsbehörde ein schriftliches Gesuch einzureichen und in diesem Gesuch auch mögliche Verschiebungstermine zu nennen.

Was passiert, wenn ich zur Schlichtungsverhandlung nicht erscheine?
Wenn die gesuchstellende Partei nicht erscheint, wird das Verfahren abgeschrieben. Das Verfahren wird also nicht weitergeführt. Wenn die gesuchsgegnerische Partei nicht erscheint, wird die Klagebewilligung ausgestellt oder es kann - falls die Forderung bis Fr. 2'000.- beträgt und genügend bewiesen werden kann - ein Entscheid gefällt werden.

Wer kann eine juristische Person (Firma) vertreten?
An der Schlichtungsverhandlung müssen grundsätzlich Organe (Verwaltungsrat, Geschäftsführer, etc.) der juristischen Person teilnehmen, die gemäss Handelsregister unterschriftsberechtigt sind. Mit einer Vollmacht können auch andere Personen eine Firma vertreten. Die Vollmacht muss von zeichnungsberechtigten Personen unterschrieben sein. Ebenfalls eine Vollmacht braucht, wer lediglich kollektiv zeichnungsberechtigt ist und alleine die Firma vertreten will.

Was passiert an der Schlichtungsverhandlung?
Das Ziel der Schlichtungsverhandlung ist eine gemeinsame Lösung für die Parteien zu finden, damit ein Gerichtsverfahren nach Möglichkeit vermieden werden kann.

Ist das Schlichtungsverfahren kostenpflichtig?
Das Schlichtungsverfahren ist kostenpflichtig, falls es sich nicht um Mietrecht oder Arbeitsrecht (bis CHF 30'000.00) handelt. Die Gebühren betragen je nach Streitwert Fr. 100.- bis Fr. 1'000.-.

Mietrecht:

Wie kann ich als Vermieter das Mietverhältnis einer Wohnung oder von Geschäftsräumlichkeiten kündigen?
Der Vermieter muss das Mietverhältnis mit dem amtlichen Formular, das auf der Internetseite der Schlichtungsbehörde als PDF heruntergeladen werden kann, kündigen. Eine schriftliche Kündigung ohne Formular ist nichtig. Handelt es sich um eine Familienwohnung muss beiden Ehepartner eine separate Kündigung zugestellt werden.

Muss ich die Kündigungsfrist einhalten?
Falls keine ausserordentlichen Gründe gegeben sind, ist die Kündigungsfrist einzuhalten. Sie beträgt bei Wohnungen mindestens 3 Monate und bei Geschäftsräumlichkeiten mindestens 6 Monate. Die Kündigung einer Wohnung muss also im 4. Monat vor dem gewollten Mietende erfolgen; die Kündigung einer Geschäftsräumlichkeit im 7. Monat vor Mietende.

Muss ich die ortsüblichen Kündigungstermine einhalten?
Dies hängt davon ab, was vertraglich abgemacht wurde. Wenn nichts oder nichts anderes abgemacht wurde, sind die ortsüblichen Kündigungstermine einzuhalten. Eine Wohnung kann dann nur auf Ende März, Ende Juni oder Ende September gekündigt werden.
Kündigung einer Wohnung auf Ende März: Die Kündigung muss dem Mieter bis spätestens Ende Dezember zugestellt werden können (Achtung Feiertage beachten!).
Kündigung einer Wohnung auf Ende Juni: Die Kündigung muss dem Mieter bis spätestens Ende März zugestellt werden können.
Kündigung einer Wohnung auf Ende September: Die Kündigung muss dem Mieter bis spätestens Ende Juni zugestellt werden können.
Es empfiehlt sich, die Kündigung rechtzeitig, d.h. ca. am 20. des Monats eingeschrieben zu versenden.

Was mache ich, wenn ich mit einer Kündigung nicht einverstanden bin?
Eine Kündigung kann innert 30 Tagen nach Erhalt bei der Schlichtungsbehörde angefochten werden. Dazu ist ein Schlichtungsgesuch einzureichen. Eine Anfechtung der Kündigung ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn der Mieter die Missbräuchlichkeit der Kündigung beweisen kann. Im Normalfall ist eine Kündigung nicht missbräuchlich, da sowohl der Vermieter als auch der Mieter das Recht haben, ein Mietverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist zu beenden. Missbräuchlich sind aber zum Beispiel sogenannte Rachekündigungen, also Kündigungen die ausgesprochen werden, nachdem der Mieter vom Vermieter zum Beispiel die Senkung des Mietzinses verlangt hat.

Was sind die Voraussetzungen für eine Erstreckung des Mietverhältnisses?
Hat der Mieter die Befürchtung, dass er innert der 3 monatigen Kündigungsfrist keine neue Wohnung finden wird, kann er bei der Schlichtungsbehörde eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen. Dies muss unbedingt innert 30 Tagen nach Erhalt der Kündigung schriftlich gemacht werden. Ist die Frist von 30 Tagen nach Erhalt der Kündigung abgelaufen, kann keine Erstreckung mehr verlangt werden. Das Erstreckungsgesuch entbindet den Mieter aber nicht von der Pflicht, sich ab sofort eine neue Wohnung zu suchen. Der Mieter muss zudem, damit eine Erstreckung vor Gericht erfolgreich durchgesetzt werden kann, beweisen, dass er innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Zeit keine zumutbare (nicht wünschbare) Wohnung gefunden hat. Die Zumutbarkeit richtet sich nach objektiven Kriterien: Höhe des Mietzinses im Verhältnis zum Einkommen; Mobilität; Alter; Familienverhältnisse, etc. Die Schlichtungsbehörde und allenfalls das Gericht, falls keine Einigung erzielt werden kann, müssen eine Interessabwägung zwischen den Interessen des Vermieters und den Interessen des Mieters vornehmen.

Für welche Mängel haftet der Mieter nach dem Auszug aus der Wohnung?
Es empfiehlt sich bei Neubeginn eines Mietverhältnisses ein sogenanntes Annahmeprotokoll zu erstellen. Darin werden alle Mängel (Schäden, "Schönheitsfehler", usw.) aufgelistet, die bei Einzug in die neue Wohnung bestehen. Dieses Annahmeprotokoll ist vom Vermieter und vom Mieter zu unterschreiben. Vor dem Auszug aus der Wohnung wird dann ein sogenanntes Abnahmeprotokoll erstellt, in dem die Veränderungen aufgeschrieben werden. Der Mieter haftet nur für die ausserordentliche Abnutzung, d.h. für "Schäden" die nicht durch normale Nutzung der Wohnung entstehen (z.B. Rotweinfleck auf dem Teppich, Schrammen im Parkettboden, Kinderzeichnungen an den Wänden). Alle Veränderungen, die bei jeder Nutzung der Wohnung entstehen, gelten als ordentliche Abnutzung und diese sind nicht entschädigungspflichtig (z.B. Vergilben der Tapeten, "Schatten" von Bildern an den Wänden etc.). Bei "ausserordentlichen" Mängeln muss der Mieter in der Regel nur für den Zeitwert aufkommen: Muss eine Wohnung z.B. wegen Kinderzeichnungen nach zwei Jahren bereits neu gestrichen werden, hat der Mieter 80 % der Kosten des Malers zu übernehmen, da bei Wandbemalungen von einer Lebendauer von etwa 10 Jahren ausgegangen wird. Sind die Wände bei Auszug des Mieters das letzte Mal vor 10 Jahren neu gestrichen worden, muss der Mieter überhaupt nichts an die Malerarbeiten bezahlen.

Das Sekretariat der Schlichtungsbehörde wird vom Amt für Justiz geführt. Schlichtungsgesuche, Kündigungs- und Mietzinsformulare können dort bezogen oder direkt heruntergeladen werden.

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