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Archäologische Grabungsarbeiten Kaiserstuhl

30. Januar 2020
Im Zusammenhang mit den Bauarbeiten zum Tunnel Kaiserstuhl der Nationalstrasse A8 finden umfangreiche archäologische Grabungsarbeiten statt. Bereits wurden ein Kalkbrennofen und Mauerreste eines Hauses freigelegt.

Im Abschnitt zwischen den beiden Umfahrungen Giswil und Lungern der Nationalstrasse A8 entsteht in den nächsten rund 10 Jahren der Tunnel Kaiserstuhl. Der Lückenschluss der A8 zwischen Portal Nord des Tunnels Lungern und Portal Süd des Tunnels Giswil soll zu einem durchgehenden sicheren Strassenstandard und zur Netzredundanz beitragen. Das Projekt wird die heute ungenügende Verkehrssicherheit und die Gefährdungssituation der Strasse gegenüber Naturgefahren markant verbessern.

Archäologische Sondierungen
Im März 2016 wurden im Gebiet unterhalb des ehemaligen Hotels Landhaus anlässlich des projektierten Strassenbauprojekts archäologische Sondierungen durchgeführt. Dabei konnten in einem der fünf angelegten Sondierschnitte die Reste eines Kalkbrennofens entdeckt werden. Eine Holzkohlenprobe aus der vermutlich letzten Charge der Ofenbeschickung wurde mittels C14-Datierung ins späte 18. Jahrhundert datiert. Eine Projektanpassung, die den archäologischen Befund unberührt gelassen hätte, konnte nicht vorgenommen werden. Es wurde deshalb beschlossen, die Struktur als Ersatzmassnahme auszugraben und zu dokumentieren.

Im Laufe der Projektentwicklung wurde leicht oberhalb des Bereichs des Kalkbrennofens ein neuer Stall als weitere Ersatzmassnahme in die Planung aufgenommen.

Im November 2019 begann die Ausgrabung des Kalkbrennofens, gleichzeitig wurde im Gebiet des neuen Stalls eine archäologische Sondierung durchgeführt. Mit der Grabung und der Sondierung wurde die Firma ProSpect GmbH, Aarau, beauftragt. In einem Teil dieser neuen Sondierschnitte fanden sich zahlreiche Hinweise auf gemörteltes Mauerwerk. Dieser Befund führte dazu, dass die Grabungsfläche in einer zweiten Etappe erweitert werden musste. Ende Dezember 2019 begannen nun die Ausgrabungen im Bereich des neu geplanten Stalls.

Der Kalkbrennofen
Da der Brennofen während der Sondierung nur am Rand angeschnitten worden war, war er noch recht gut erhalten, die Basis der Anlage konnte daher weitgehend vollständig ausgegraben werden.

Der Ofen ist teilweise in den anstehenden Felsen, der zur Errichtung einer ebenen Auflagefläche für die Steine der Ofenwand geschrotet worden war, gebaut. Er zeigt eine länglich-ovale Form mit einem Schürloch an der Talseite. Das Schürloch war aufgrund früherer Leitungsbauten am Rand der Strasse nur mehr unvollständig erhalten. Die steinerne Ofenwand ist in ihrem unteren Bereich gut erhalten und zeigt schön übereinander gefügtes Trockenmauerwerk. Entlang der inneren Basis der Ofenwand ist das Auflager für das Gewölbe über der Feuerkammer erkennbar. Auf dieses Gewölbe, das über der Feuerkammer gesetzt worden war, wurden die Kalksteine für das Brennen des Kalks geschichtet. Der Ofen ist vermutlich nach dem letzten Brennvorgang nicht mehr vollständig ausgeräumt worden, da in seinem Inneren noch viel Kalk erhalten war.

Bei den gegenwärtigen Untersuchungen konnten an der Basis der Feuerkammer zusätzliche Holzkohlenproben gewonnen werden. Die erlauben hoffentlich noch genauere Angaben zur Datierung der Anlage.

Im Kalkofen selbst wurden keine Fundgegenstände geborgen, die eine genauere Datierung erlaubten. Im Erdreich unmittelbar ausserhalb der Ofenwand fanden sich einige Keramikfragmente, die vermutlich vom darüber liegenden Hang abgeschwemmt worden waren und in das 14. Jahrhundert weisen.

Aktuelle Ausgrabung im Gebiet oberhalb des Kalkbrennofens
Im Bereich der geplanten neuen Strassenführung und des neuen Stalls wird auf einer Fläche von knapp 100 m2 gegenwärtig eine archäologische Ausgrabung durchgeführt. Das Gelände ist nur geringfügig mit Erdreich überdeckt, sodass meist in geringer Tiefe bereits der Fels ansteht.

Auf der untersuchten Fläche wurden die steinernen Fundamente eines Gebäudes von etwa 10 m Länge und mindestens 4 m Breite entdeckt worden, das parallel zum Hang steht. Vier Quermauern, die senkrecht zum Hang stehen, weisen auf drei unterschiedlich grosse Räume hin. In einem der Räume lässt sich stark verbranntes und gerötetes Erd- und Lehmmaterial beobachten, was die Vermutung erlaubt, dass hier einmal ein Ofen oder eine Feuerstelle eingerichtet gewesen ist. Ob die Ausdehnung des Gebäudes auch weiter hangaufwärts reichte und vielleicht stufenartig angelegt gewesen ist, kann nicht mehr festgestellt werden. Oberhalb der Grabungsfläche ist die Erdüberdeckung so gering, dass keine Mauerreste mehr erhalten geblieben sind. Im Bereich der hangseitigen Aussenmauer befindet ich ein Bereich, in dem der anstehende Fels geschrotet worden war, um eine ebene Baufläche einzurichten.

Verschiedene Funde kamen bei den Ausgrabungen zutage, Spinnwirtel, Keramik- und Glasfragmente, verschiedene Gegenstände aus Eisen und Buntmetall und zahlreiche Tierknochen, bei denen es sich höchstwahrscheinlich um Speiseabfälle handelt. Die bis jetzt geborgenen Fundgegenstände stammen weitgehend aus oberen, d. h. jüngeren Schichten. Sie sind erst grob gereinigt und noch nicht analysiert. Sie können deshalb bis jetzt erst sehr grob zeitlich eingeordnet werden. Ein grosser Teil davon dürfte allerdings aus dem späten Mittelalter oder der frühen Neuzeit stammen, also irgendwo ins das 15. oder 16. Jahrhundert datiert werden. Ob beim Abbau des Erdreichs im Inneren der Räume weiter Funde geborgen werden können, die dann möglicherweise älteren Datums sind, kann noch nicht beurteilt werden.

Bei dem ergrabenen Haus dürfte es sich aufgrund der festgestellten Funde um ein Wohnhaus gehandelt haben. Wenngleich auch die Befunde dafür noch fehlen, darf angenommen werden, dass im näheren Umfeld auch verschiedene Werkstätten oder bäuerliche Gebäude gestanden haben. Die Siedlungslage mit Blick über den Sarnersee und das Sarneraatal auf der einen Seite und in unmittelbarer Nachbarschaft des alten Brünigweges erscheint nahezu prädestiniert für die Errichtung eines bäuerlichen Weilers, der auch eine Rolle bei der Kontrolle oder Bewirtschaftung des Passweges gespielt hat.

 

Lungern Nord – Giswil Süd mit Tunnel Kaiserstuhl

Der geplante Nationalstrassenabschnitt hat eine Länge von rund 3.7 km (2.1 km davon im Tunnel) und bewältigt die Geländestufe des „Kaiserstuhls“ (mit rund 160 Höhenmetern). Es handelt sich um eine zweispurige, nur für Motorfahrzeuge zugelassene Nationalstrasse 2. Klasse im Gegenverkehr. Die neue Linienführung der geplanten A8 ist rund 200 m kürzer als die heute bestehende Brünigstrasse auf demselben Abschnitt.

Die Vorbereitungsarbeiten für das Projekt starteten im August 2019. Es ist vorgesehen, den neuen Nationalstrassenabschnitt im Jahre 2029 in Betrieb zu nehmen.

Bei der Errichtung, dem Ausbau und teils auch beim Unterhalt des Nationalstrassennetzes können durch die oft grossräumigen Bodeneingriffe im Untergrund Überreste vergangener Zivilisationen unwiederbringlich zerstört werden. Dieser Gefahr, aber auch der Verantwortung gegenüber dem kulturellen Erbe wurde man sich schon in den Anfängen des Nationalstrassenbaus bewusst. Der Bundesrat hat deshalb am 13. März 1961 beschlossen, dass Kosten archäologischer Ausgrabungen auf dem Trasse zu den Erstellungskosten der Nationalstrassen zu rechnen sind.

 

Impression Grabungen
Bei den Grabungsarbeiten unterhalb des ehemaligen Hotels Landhaus konnten die Reste eines Kalkbrennofens entdeckt werden. Im Erdreich unmittelbar ausserhalb der Ofenwand fanden sich Keramikfragmente, die in das 14. Jahrhundert weisen. Bei den Grabungen gewonnene Holzkohlenproben erlauben dereinst hoffentlich genauere Angaben zur Datierung der Anlage. (Bild ProSpect GmbH)

Zugehörige Objekte

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