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Agrarpolitik ab 2022: Zustimmung mit Vorbehalten

14. Februar 2019
Der Regierungsrat stimmt den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) nur mit Vorbehalten zu. Er bemängelt, dass die AP22+ für die Bauernfamilien zu wenig Zukunftsperspektiven schafft und der Förderung der unternehmerischen Freiheiten in der Landwirtschaft zu wenig Rechnung trägt. Hingegen begrüsst der Regierungsrat, dass der Rahmenkredit zugunsten der Landwirtschaft ab 2022 nicht gekürzt werden soll.

Agrarpolitische Zielsetzungen ab 2022
Gemäss der Vernehmlassungsvorlage des Bundes sollen die agrarpolitischen Rahmenbedingungen ab 2022 so angepasst werden, dass sich die Land- und Ernährungswirtschaft auf den in- und ausländischen Märkten behaupten, die Ressourcen effizient nutzen und die Umwelt schonen kann. Marktorientierung, unternehmerische Potentiale, Selbstverantwortung und die Innovationskraft in der Landwirtschaft sollen mit der AP22+ gestärkt werden.

Zweifel an der Zielerreichung
Der verstärkten Ausrichtung der AP22+ auf die Nachhaltigkeit, bei welcher der Schutz der natürlichen Ressourcen, marktwirtschaftliche Aspekte mit unternehmerischen Entfaltungsmöglichkeiten sowie soziale Aspekte der Landwirtschaftsbetriebe mitberücksichtigt werden sollen, stimmt der Regierungsrat grundsätzlich zu. Jedoch bezweifelt er sehr stark, ob die vorgeschlagenen Anpassungen der Landwirtschaftsgesetzgebung ausreichen, damit sich die Landwirtschaftsbetriebe sozial verträglich und unternehmerisch entfalten und damit gar ein ausreichendes landwirtschaftliches Einkommen erzielen können. Er weist darauf hin, dass die Bauernfamilien bereits mit den bisherigen Reformschritten der Agrarpolitik hin zu mehr Ökologie und Marktausrichtung sehr grosse Herausforderungen angenommen haben. Das landwirtschaftliche Einkommen sei aber trotz der Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln deutlich unter dem vergleichbaren Lohn der übrigen Bevölkerung geblieben (siehe Kasten unten).

Komplexes Regelwerk mit hohem administrativen Aufwand
Das komplexe Regelwerk der AP22+ trägt nach Meinung des Regierungsrats insbesondere der Förderung der unternehmerischen Freiheiten in der Landwirtschaft zu wenig Rechnung. Hinzu kommt, dass durch die vorgesehenen Massnahmen der administrative Aufwand sowohl bei den Landwirtschaftsbetrieben als auch bei den Vollzugsstellen der Kantone stark steigen wird. Mit der AP22+ wird das bereits heute vielschichtige agrarpolitische Regelwerk noch komplizierter und die immer wieder geforderte administrative Vereinfachung auf allen Ebenen ist nicht in Sicht. Unter diesem Aspekt stellt der Regierungsrat die Vollzugstauglichkeit verschiedener vorgeschlagener Massnahmen in Abrede. Darunter fällt beispielsweise auch die direktzahlungsrelevante Einführung von regionalen landwirtschaftlichen Strategien zur Schliessung regionaler Ziellücken im Umweltbereich. Wichtig erscheint dem Regierungsrat, dass sich die Bauernfamilien an verlässlichen, langfristigen Rahmenbedingungen orientieren können und nicht im Vier-Jahres Rhythmus ständig Richtungswechsel vollzogen werden. Dies setzt eine gewisse Kontinuität und Langfristigkeit in der Agrarpolitik voraus, indem beispielsweise bewährte Massnahmen der bisherigen Agrarpolitik auch nach 2022 weitergeführt werden.

Gemeinwirtschaftliche Leistungen setzen Professionalität voraus und kosten
Der Regierungsrat ist überzeugt, dass es für die Erfüllung der anspruchsvollen gemeinwirtschaftlichen Aufgaben gut ausgebildete Landwirte und Bäuerinnen braucht. Er unterstützt deshalb, dass bei Neueinsteigern in die Landwirtschaft zum Erhalt der Direktzahlungen das eidgenössische Fähigkeitszeugnis vorausgesetzt wird. Andererseits nimmt er erfreut zur Kenntnis, dass der Bund den Rahmenkredit zugunsten der Landwirtschaft für die Zeitspanne 2022 bis 2025 beibehalten will. Denn ein Grossteil dieser finanziellen Mittel fliesst in die Direktzahlungen, mit welchen die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bauernfamilien entschädigt werden, die sie tagtäglich erbringen und nicht über den Markt abgegolten werden können.

Keine Umverteilung der Direktzahlungen
Der Regierungsrat verlangt, dass es durch die vorgesehenen Änderungen beim Direktzahlungssystem zu keinen Verschiebungen zwischen dem Tal- und Berggebiet sowie dem Sömmerungsgebiet kommen darf. Zudem fordert er, dass die Weiterführung der Agrarpolitik ab 2020 nicht zur Erhöhung der Mitfinanzierung durch die Kantone führen darf. Für die Umsetzung der eidgenössischen Agrarpolitik hat wie bisher der Bund die entsprechenden Finanzmittel bereitzustellen.

Link: Stellungnahme

 

Obwaldner Landwirtschaft leistet sehr viel, trotz tiefem Einkommen

Die eher klein strukturierte Obwaldner Landwirtschaft hatte bereits mit den bisherigen Reformschritten der Agrarpolitik, mit der vermehrten Ausrichtung auf Markt und Ökologie, sehr grosse Herausforderungen gemeistert. Die Obwaldner Landwirtschaft wurde ökologischer, rationeller, moderner, produktiver und hat sich dem Markt gestellt. Rund ein Drittel der Obwaldner Landwirtschaftsbetriebe bewirtschaftet ihren Betrieb biologisch, was schweizweit nur noch von Graubünden übertroffen wird. Der schweizerische Durchschnitt liegt bei rund 12 Prozent.

Obwohl sich die Obwaldner Bauernfamilien rasch den neuen Erwartungen der Gesellschaft, des Markts und den Vorgaben der Agrarpolitik angepasst und qualitativ hochwertig sowie nachhaltig produziert haben, blieb das landwirtschaftliche Einkommen deutlich unter dem vergleichbaren Lohn der übrigen Bevölkerung. Eine wissenschaftliche Auswertung der Einkommenslage zur Obwaldner Landwirtschaft durch die Eidgenössische Forschungsanstalt Agroscope in Tänikon hat 2015 ergeben, dass das landwirtschaftliche Einkommen der Obwaldner Bauernbetriebe gerade mal rund Fr. 31 000.– beträgt. Dadurch sind rund 80 Prozent der Landwirte und/oder Bäuerinnen gezwungen, einem ausserlandwirtschaftlichen Nebenerwerb nachzugehen. Das geht mit nicht unterschätzbarer, grosser Arbeitsbelastung sowie sozialen und psychischen Risiken einher.

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